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Gehört das Umkleiden zur Arbeitszeit? Muss es vergütet werden?

Gehört das Umkleiden zur Arbeitszeit? Muss es vergütet werden?

Grundsätzlich ja. Nach der Rechtsprechung im Arbeitsrecht gehören Umkleidezeiten zur Arbeitszeit, wenn das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf. Dann muss der Arbeitgeber diese Zeit auch bezahlen.

Am besten wäre es, wenn diese Frage bereits im Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag deutlich geklärt wäre. Wenn dem nicht so ist, müssen wir auf die einschlägige Rechtsprechung zurückgreifen.

Hierzu zwei Beispiele:
Wenn der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb ausdrücklich anordnet, dann zählt das Umkleiden als Arbeitszeit und muss vergütet werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.09.2012 (Az. 5 AZR 678/11) klargestellt.

Der Arbeitgeber einer Krankenschwester ordnete an, die Kleider vor Ort zu wechseln, wollte die Umziehzeiten aber nicht vergüten. Die Krankenschwester zog vor Gericht und bekam Recht.

Wie sieht es aber aus, wenn der Arbeitnehmer NICHT ausdrücklich aufgefordert wird, das Umkleiden vor Ort, also im Betrieb, vorzunehmen?

Unter Umständen kann auch dann eine Vergütung verlangt werden. Das zeigt ein Fall des hessischen LAG (Urteil vom 23. November 2015, Az. 16 Sa 494/15; Vorinstanz: Arbeitsgericht Kassel, Urteil vom 20. Januar 2015, Az. 4 Ca 57/14).

Der Mitarbeiter eines Müllheizkraftwerkes bekam das Recht zugesprochen, das Umkleiden im Betrieb als Arbeitszeit vergütet zu bekommen, obwohl sein Arbeitgeber das nicht anordnete.

Wichtige Voraussetzung in diesem Fall: Das Tragen von Schutzkleidung war Pflicht und die notwendige Arbeitskleidung wurde regelmäßig erheblich verschmutzt. Die Richter argumentierten, dass es unzumutbar ist, dass der Mitarbeiter mit diesen Verschmutzungen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz pendelt. Dass sei nicht hygienisch, weder für den Mitarbeiter, noch für andere Mitreisende in Bus oder Bahn.

Zusammenfassung:
Wird das Umkleiden im Betrieb angeordnet, zählt es als Arbeitszeit und muss vergütet werden. Gibt es keine ausdrückliche Anordnung, aber ein Umkleiden zuhause ist unzumutbar (z.B. hygienische Aspekte, übermäßig auffällige Arbeitskleidung, etc), hat der Arbeitnehmer das Recht, sich erst im Betrieb umzuziehen und dies vergütet zu bekommen.

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